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Globale Job-Revolution Digitalisierung und künstliche Intelligenz

Gerd Leonhard ist Futurist und Zukunftsberater, internationaler Keynote-Speaker und Strategie-Coach, Autor, Gründer und CEO von ‘The Futures Agency’. Gerd Leonhard: «Vorauszusagen, wie wir in 35 Jahren leben und arbeiten werden, ist unmöglich.»

Gerd Leonhard ist Futurist und Zukunftsberater, internationaler Keynote-Speaker und Strategie-Coach, Autor, Gründer und CEO von ‘The Futures Agency’. Mit Langmeier Software spricht er über künftige Technologien, den Verlust der Privatsphäre, sowie über den Arbeitsmarkt der Zukunft.

Herr Leonhard, wo sehen Sie die bahnbrechendsten Veränderungen zwischen heute und dem Jahr 2049?

Eines vorweg. Als Futurist und Zukunftsberater versuche ich künftige Trends und Entwicklungen zu erkennen, zusammenzubringen und mögliche Zukunftsszenarien in Zeitraum der nächsten fünf bis sieben Jahre zu identifizieren. Die Kunst ist es dabei, gut zu observieren, zuzuhören und viele verschiedene Daten und Meinungen auf einen Nenner zu bringen, um meinen Klienten einen plausiblen und bevorzugten Weg in die Zukunft aufzuzeigen.

Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Vorauszusagen, wie wir in 35 Jahren leben und arbeiten werden, ist unmöglich. Was wir heute sagen können, ist, dass wir in einer Zeit leben, in der sich der Einsatz neuer Technologien extensiv beschleunigt. Wir erleben eine Art von Hyper-Effizienz, die immer bessere Software, billigere Geräte und Technologien und High-Speed Mobiles mit Breitband mit sich bringt. Die digitalen Anwendungen und das Internet sind zurzeit daran nicht nur daran die Industrie zu erobern – Stichwort: Industrie 4.0 – sondern haben sich ihren Platz in unserem alltäglichen Leben erobert. Plötzlich sind Dinge möglich, die bis vor Kurzem noch als Zukunftsmusik galten. Roboter unterstützen Ärzte bei Operationen, wir müssen nichts mehr eintippen, sondern fragen unser Handy (Siri, Google Now) nach dem Weg, die Entwicklung von Artificial Intelligence (AI) macht ebenfalls riesige Fortschritte. Wir sind dabei nicht am Ende der Entwicklung angelangt.

In ein paar Jahren werden unsere Gewohnheiten bezüglich Konsum, Freizeit, und Shopping völlig anders aussehen. Die Wirtschaft um uns herum verändert sich exponentiell. Das hat Folgen: Traditionelle Gewerbe und Dienstleistungen verschwinden. Das traditionelle Taxigewerbe und dessen mögliche Verdrängung durch das viel praktischere „Uber“ ist ein klassisches Beispiel von digitalem Darwinismus, der zunehmen wird.

Viele Technologien können doch ohne Datensammelei gar nicht mehr funktionieren. Ich sehe die Welt auf eine komplette Aufgabe der Privatsphäre des Einzelnen zusteuern. Wie sehen Sie das? Sieht es mit der Privatsphäre so düster aus wie ich es mir vorstelle?

Mark Zuckerberg von Facebook sagte 2010 voraus, dass Privatsphäre keine soziale Norm mehr sei. Heute erleben wir, wie Menschen ihre Privatsphäre freiwillig für coole Plattformen und Netzwerke aufgegeben. Sie lesen das Kleingedruckte und die Nutzungsbestimmungen nicht, sonst wüssten sie, dass sie mit ihren Daten für die Nutzung der vermeintlichen Gratis-Plattformen im Internet bezahlen. Die Internet-Firmen wissen dann, was gut ist für mich und beliefern mich ungefragt mit Angeboten. Ich gehe davon aus, dass Daten auch in Zukunft offen ausgetauscht werden. Aber trotz anderslautender Aussagen, zum Beispiel von Google, bin ich der Meinung, dass die Privatsphäre der Menschen noch nicht verloren ist. Natürlich birgt das Sammeln von Daten auch die Gefahr des Missbrauchs. Ich befürworte deshalb einen digitalen Sozialvertrag – auf staatlicher oder globaler Ebene – der regelt, wie mit unseren Daten umgegangen wird.


Welche Auswirkungen hat die Datensammelwut der Technik auf das soziale Verhalten der Menschen?

Derzeit entsteht eine Big-Data-und Big-Internet-Society, von der noch nicht absehbar ist, was davon die Nutzer tatsächlich akzeptieren werden. Wenn wir mit unserem Handy beispielsweise preisgeben, wo wir unser Auto parkieren und dies relevant ist für meine Autoversicherungsprämie, dann bin ich überzeugt, dass sich Widerstand regen wird. Tatsache ist, dass Daten ja auch nicht immer die ganze, also auch menschliche, Realität abbilden. Blind den Daten zu vertrauen (die so genannte Daten-Hybris) macht deshalb nicht immer Sinn. Ein Beispiel ist die Partnersuche im Internet: Aufgrund der Daten des Gegenübers glauben wir zu wissen, ob diese Person zu uns passt. Doch es gibt noch ganz viele andere Aspekte, die auch mit Big Data überhaupt nicht quantifiziert werden können. Ganz allgemein gilt: Die Technik und die Daten-Tsunamis werden dazu führen, dass wir vielleicht in Zukunft von Dingen Abschied nehmen müssen, die für uns heute noch selbstverständlich sind:  Künftig schauen wir nicht mehr selber, ob wir fit sind, sondern überlassen dies dem Nike Fluid Band oder Jam App - für viele von uns ein fürchterlicher Gedanke. Wir nähern uns unseren potentiellen Partnern nur noch virtuell und wissen nicht mehr, wie wir eine Person im Zugsabteil neben uns ansprechen sollen. Das kann wohl Himmel oder Hölle sein.
 

«Digitale Assistenten werden Buchhalter, Finanzdaten-Analysten und Supermarkt-Kassierer in den nächsten 10 bis 20 Jahren ersetzen.»

Ich erachte es als schwierig, unter der Fülle an heute erhältlichen Informationen das Wichtige von Unwichtigem zu trennen. Führt die Informationslastigkeit des aktuellen Zeitalters zu einer Art „Wissens-Schere“ zwischen denjenigen die wichtige Informationen filtern können, und solchen, denen das nicht gelingt?

Durch das Internet wird das Wissen auf der Welt demokratisiert und für alle verfügbar.  Noch nie hatten so viele Menschen Zugang zu so vielen Informationen. Jetzt müssen wir es nur noch lernen, damit umzugehen, aber Jobs dafür werden geschaffen.  Für viele Menschen wird es in der Tat immer schwieriger, das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen - denn der Krach ist ja teilweise unerträglich. Im Internet mit seiner Fülle von Informationen verlieren sich viele Menschen gerne. Die Leute bei der Nutzung des Internets zu beraten ist auch ein Berufszweig, der sich etablieren dürfte. Dass es zu einer sich öffnenden „Wissens-Schere“ kommt, bezweifle ich. Vorstellbar ist eher, dass es zu einer „Filterblase“ oder „Informationsblase“ (Filter Bubble) kommt: Webseiten verwenden Algorithmen, um vorauszusagen, welche Informationen für den Benutzer relevant sein könnten. So werden die Benutzer quasi in einer „Blase“ isoliert, in der keine Informationen mehr Platz haben, die den Ansichten des Benutzers widersprechen.

Die Wegrationalisierung von Arbeitskräften scheint aktuell in eine weitere Runde zu gehen. Das Flughafen-Checkin machen wir heute am Automaten – und im Lebensmittelgeschäft bezahlen wir ohne Kassiererin. Welche Jobs sind gefährdet?

Einfache, repetitive und viele manuelle Jobs können auch von Maschinen erledigt werden. Intelligente Software, Roboter und digitale Assistenten werden zum Beispiel Buchhalter, Finanzdaten-Analysten und Supermarkt-Kassierer in den nächsten 10 bis 20 Jahren ersetzen. In Europa sind bis zu 65% aller heutigen Jobs gefährdet. Tatsache ist: Wir stehen vor einer globalen Job-Revolution  durch Digitalisierung, Automatisierung und künstliche Intelligenz.


Lassen sich die so verloren gegangenen  Jobs durch künftig neu entstehende Jobs ersetzen?

Teilweise ganz sicher, und teilweise gar nicht. In der Schweiz haben wir da sicher ganz gute Karten aber in China oder Indien eher nicht. Mit dem Verschwinden von Hunderten von Millionen Jobs entstehen aber auch neue Berufe. Die Hälfte der Berufe, die es im Jahr 2030 geben wird, ist noch nicht erfunden. Die folgenden Jobs wird es bereits in wenigen Jahren bereits geben:

  • Privatsphäre-Manager: Sie unterstützen Menschen und Unternehmen dabei, ihre Daten-Hoheit zurückzugewinnen. Dazu befreien sie nötigenfalls für ihre Kunden auch Daten, die sich in Geiselhaft von Institutionen und Medien befinden und helfen ihnen, persönliche Spuren im Internet und bei den Suchmaschinen zu ändern oder zu löschen.
  • Supervisor für künstlicher Intelligenz: Künftig überwachen Supervisoren für künstliche Intelligenz ultra-smarte Software, Roboter und unsere digitalen Assistenten. Nötigenfalls stellen sie diese auch richtig ein und sorgen dafür, dass uns die Maschinen nicht früher oder später gänzlich abschaffen wollen.
  • Offline-Therapeut: Seit dem Siegeszug von Social-Media und Mobile Computing ringen immer mehr Menschen über die Tyrannei des ständigen Online-Seins, in der sie mit Breaking News, Mails, Nachrichten, Push-Informationen und Updates erschlagen werden. Der Offline-Therapeut hilft Menschen, die Balance zu finden zwischen dem Erreichbarsein und dem Sich-Selbst-Sein und zeigt ihnen auf, wie sie das Offline-Sein als Luxus geniessen können.
  • Social-Graph-Analytiker und Branded Story Designer: Die heutigen Marketing-Fachleute werden zu Branded Story-Designern, die auf Sozialen Netzwerken passende Stories über Marken und Produkte platzieren. Der klassische Werbeleiter gehört bald der Vergangenheit an.
  • Virtueller Reiseleiter: Sehenswürdigkeiten wie Naturschauspiele und Städte und Traditionen lassen sich bald zu Hause bequem und dreidimensional so erleben, als wäre man selbst dort. Die Technologien dazu existieren bereits. Der virtuelle Reiseleiter führt Menschen auf abenteuerliche Reisen und garantiert, dass dabei nichts schiefgeht.

Grundsätzlich gilt für den Arbeitsmarkt der Zukunft: Wir sollten unseren Kindern raten, dass sie Berufe ergreifen, in denen die rechte Hirnhälfte, wo die Kreativität sitzt, beansprucht wird – je „menschlicher“ die Jobs sind, desto grössere Chancen werden sie im Arbeitsmarkt der Zukunft haben.

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Über den Autor
Gründer und CEO von Langmeier Software


Ich möchte nichts verkomplizieren. Ich möchte nicht die ultimative Geschäftssoftware entwickeln. Ich will nicht in einer Top-Technologieliste aufgeführt werden. Denn darum geht es bei Geschäftsanwendungen nicht. Es geht darum, dass Ihre Daten nahtlos geschützt sind. Und es geht darum, dass alles reibungslos läuft, während Sie die volle Kontrolle behalten und sich auf das Wachstum Ihres Unternehmens konzentrieren können. Einfachheit und Zuverlässigkeit sind meine Leitprinzipien und inspirieren mich jeden Tag.
 

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